Zuerst ein Detektor
Angefangen hat es in Ibbenbüren (Westfalen) kurz nach dem Krieg. Wir waren 14, der Nachbarsjunge Willy E. und ich, Ludwig N. In unserer Hütte im „Kleinen Garten“ an der Neumarktstraße konnten wir abends im Kopfhörer mit unserem selbstgebauten Detektor-Radio die zwei stärksten MW-Sender hören: Den NWDR (NordWestDeutscher Rundfunk) und BBC London. Mal hörten wir den einen Sender, dann den anderen lauter, manchmal beide gleichzeitig. Keine Trennschärfe, aber immerhin: So konnten wir ganz ohne Stromanschluss Radio hören. Ein technisches Wunder?! …
Dann das Einröhren-Audion
Der große Fortschritt: Ein Schulfreund meiner Mutter („Leewen Putkert“) schenkte uns alte, ausgemusterte Radio-Bauteile. Mit denen konnten wir uns einen kleinen, batteriebetriebenen Empfänger, ein Einröhren-Rückkopplungs-Audion bauen. Willy war für die Mechanik (den Spulenschwenker) und ich für das Elektrische zuständig. Natürlich mussten wir dazu einen 4V-Akku `organisieren´(angezapfte alte Autobatterie für die Heizung der Röhre RE 064) und etwa 60 Volt Anodenspannung (von „Putkert“ mehrere verbrauchte Anodenbatterien in Reihe). Damit war nun ein trennscharf abgestimmter Kopfhörer-Empfang auch schwächerer Sender möglich. Toll! …
Das HUTH-Radio
Mit 16 (etwa 1947) bekam ich mein erstes „richtiges“ Radiogerät mit Netzanschluss: Es war solch ein kleines HUTH-Radio, ein Zweiröhren-Einkreiser, geeignet für Lautsprecherempfang mit einem separat angestöpselten Lautsprecher.
Abmessungen nur ca. 25 x 18 x 16 cm / 3,2 kg.
Das Radio war damals schon fast 20 Jahre alt und natürlich defekt. …
Das zeitlose Design finde ich heute noch ansprechend – schön – einfach vorbidlich.
Hier das Gerätchen vom Hersteller SIGNALBAU-HUTH, Typ E 82 W, Baujahr 1929: Dieses kleine HUTH-Radio war zu seiner Zeit (1929/1930) billig, preiswert, praktisch und einfach: Das stabile Blechgehäuse enthielt nur das Notwendigste, sogar die Netzanschluss-Schnur und den Netzschalter hatte man eingespart: Zum Anschließen an eine 220 Volt-Steckdose benötigt man eine `Bügeleisen-Schnur´ mit einer `weiblichen´ Waffeleisen-Kupplung, möglichst mit Schalter. Die `weibliche´ Kupplung wird dann auf die (links im Gehäuse-Ausschnitt befindlichen) `männlichen´ Netzanschluss-Pins aufgesteckt. Nur noch den Lautsprecher anstöpseln (hinten) und die Antenne (vorn) und schon ist das kleine Radio spielbereit. …
Dies war das erste als „Volksempfänger“ beworbene Radiogerät und damit wurde es 1930 – trotz Weltwirtschaftskrise – ein Verkaufserfolg:
==> Das kleine HUTH – Radio E82W wurde 1930 als „Volksempfänger“ beworben! <== ———————————————————————————————–
[Später, 1933 hat die NS-Reichsregierung den Begriff für ihren `VE 301´ reklamiert und jede anderweitige Verwendung des Wortes „Volksempfänger“ unterbunden.]
… Das nächste Foto fand ich bei www.hessenbild.de. Die Szene aus dem Jahr 1930 zeigt einen stolzen Hausherrn mit seinem neu erworbenen HUTH-Radio Typ E82W (nebst separatem Lautsprecher und Familie):
… Aber schon Mitte der 1930er Jahre ging eins von den vielen kleinen HUTH-Radios kaputt. Und weil es leider, leider auch schon technisch veraltet sei 😉 lohne die Reparatur nicht mehr, meinte mein späterer Lehrmeister. Und so nahm er es billig in Zahlung, als er seinem Kunden ein neues, natürlich moderneres und viel teuereres Radiogerät – nun schon mit eingebautem(!) Lautsprecher – verkaufte. … Das kleine HUTH-Radio verstaubte dann über 10 Jahre lang in einer dunklen Ecke auf Schönleins Dachboden. Etwa 1947 bekam ich es – sozusagen als Lohn dafür, dass ich nach der Schule in Leewes „Werkstätten für Hochfrequenztechnik“ bei Radioreparaturen und beim Antennenbau mithalf. …
Ich reparierte es und stellte es in meinem Zimmer auf. Mein kleines HUTH-Radio leistete mir gute Dienste bis 1949.
Vom kleinen HUTH-Radio zum großen Wehrmacht-Radio ==> Kw.E.a („Anton„)
Etwa 1949 wurde mir ein sehr großer und sehr schwerer Wehrmachtsempfänger ganz billig angeboten: Ein Vorstufen-Superhet [Überlagerungs-Empfänger mit zwei HF-Vorstufen und mit 11(!) Röhren zum Empfang von Mittel- und Kurzwellen].
Der `Haken´ an der Sache: Das Gerät war nicht betriebsbereit weil mutwillig beschädigt: Zwecks `Entmilitarisierung´ hatten die Beauftragten der Alliierten (==> Siegermächte) einen Kabelbaum durchgeschnitten! Den Kabelbaum konnte ich schließlich reparieren, kein großes Problem. Damit war ich nun stolzer Besitzer des (damals) leistungsfähigsten Empfängers überhaupt:
Mein Kurzwellenempfänger `Anton´! Guckstu hier: Kw.E.a und und hier.
Das kleine HUTH-Radio hatte nun ausgedient und es verschwand 😦 aus meinem Blickfeld. … Sechs Jahrzehnte später sah ich bei eBay das Angebot eines äußerlich gut 🙂 erhaltenen HUTH-Radios E82W. … Nostalgische Gefühle überkamen mich und ich schlug zu: Meins! ==> guckstu HIER.
Es ist beeindruckend, zu sehen, wie einfach die Technik früher war. Man kann sich das heute fast nicht mehr vorstellen. Insbesondere für die technisch interessierte Jugend finde ich diesen Beitrag sehr informativ!
Ja, `der Jugend´ die atemberaubende Geschwindigkeit der Elektronik-Entwicklung vor Augen zu führen, das ist meine Absicht mit diesem HUTH-Radio-Artikel. Man bedenke:
1930 (vor 8 Jahrzehnten) war ein Zweiröhren-Einkreis-Radio mit Netzanschluss `Stand der Technik´;
[Und die Radio-Röhren waren klobig, jede benötigte bis zu 1 Ampere Heizstrom zum Aufheizen der Katode und dazu noch die gefährlich hohen Anoden- und Schirmgitterspannungen.]
1939 benötigte ein Mittelklasse-Radio (Typ 6-Kreis-Superhet) etwa 6 Stk dieser klobigen Röhren;
1950 hatten die ersten sw-ws-Fernsehgeräte etwa 12 – 15 schlanke (nun nur noch fingerdicke) Röhren;
1970 enthielt ein Color-TV-Gerät schon bis zu 30 dieser Röhren. (Deren Wärme-Abführung war im TV-Gehäuse kaum noch beherrschbar.)
Ab etwa 1960 wurden die Röhren nach und nach durch Halbleiter-Bauelemente (Transistoren) ersetzt. Die Transistorisierung nebst dem Einsatz von ICs (Integrated Circuits) schritt seitdem schnell voran, denn:
1 klitzekleiner, billiger, fast kalter Transistor mit einer Betriebspannung von etwa 3 Volt
konnte nun 1 fingerdicke, teure, heiße, stromfressende Radio-Röhre mit einer Betriebspannung von etwa 250 Volt ersetzen.
Und in einem fingernagelgroßen IC-Chip wurden dann hunderte / tausende / zehntausende / hunderttausende Transistoren zu Funktionsgruppen zusammengefasst und schon fertig verdrahtet. Da gibt´s in der Serienproduktion keine Schaltfehler mehr!
Heute sind die neudeutsch so genannten `SmartPhones´ Stand der Technik und sie verdrängen die einfachen Handys.
Und schon in einem gewöhnlichen Handy haben die darin verbauten ICs Millionen Transistor-Funktionen.
Die Leiterbahnen und die einzelnen Transistoren sind auf den IC-Chips nur noch im hochauflösenden Mikroskop sichtbar.
An der weiteren Miniaturisierung wird gearbeitet!
Einfach toll, der erste `Volksempfänger´!
habe heute bei Fa. BÜRKLIN Teile bestellt um bei meinem HUTH-Radio weiter zu kommen.
Hoffentlich sind die Spulen in Ordnung.
Herzliche Grüsse,
Ihr B.N.
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radiodox brachte mir die Rettung:
Wer den Schaltplan oder die Abgleich-Vorschrift zu einem alten Röhren-Radio sucht, der sollte unbedingt auch hier nachschauen: http://www.radiodox.de
Weil ich dabei bin, aus einem Beitrag im Internet-Forum RBF – reich bebildert von „Radionar“ – ein Foto-Buch zu entwerfen (für einen Radio-Restaurator ohne Internet), benötigte ich zwei fehlende Seiten aus der zugehörigen Kundendienstschrift von BLAUPUNKT aus dem Jahr 1939.
Bei radiodox bin ich nun (endlich!) fündig geworden. Toller Service. Danke!